50.000 Euro spendete Reinhard Kardinal Marx aus Mitteln des Erzbistums München und Freising für die private Seenotrettung – nun schon zum dritten Mal. Damit setzt er sich erneut Kritik aus, bekommt aber auch große Anerkennung und viel Lob.
Anlass genug, um die jüngste Einschätzung unseres Partners Endashaw Debrework, Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Ostafrika, an dieser Stelle zu veröffentlichen. Die Organisation hilft Geflüchteten in Uganda, Kenia, Äthiopien und dem Südsudan. Ihr Angebot reicht von Erstversorgung mit Nahrung und Medizin bis hin zu Traumatherapie und Schulbildung. Der folgende Artikel erschien zuerst in der missio magazin-Ausgabe 6/2019 in der Rubrik "Wiedersehen mit...".
"Europa könnte diese Katastrophe beenden"
missio München unterstützt die Arbeit von Pater Endashaw Debrework in Ostafrika seit vielen Jahren. Seine Hoffnungen haben sich nicht bewahrheitet. "Die Zahl der weltweiten Flüchtlinge ist in den vergangenen Jahren leider nicht gesunken", sagt der Regionaldirektor des Jesuitenflüchtlingsdienstes in Ostafrika, Endashaw Debrework, bei seinem Besuch in München Ende Juni 2019. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall.
Über 70 Millionen Menschen sind nach Angaben der UNHCR derzeit weltweit auf der Flucht. 2,3 Millionen mehr als im Jahr zuvor. Angesichts dieser Entwicklung fordert der Jesuit von der internationalen Gemeinschaft, die Suche nach Lösungen zu intensivieren. "Fluchtländer und Aufnahmeländer müssen sich weiter beraten, noch mehr austauschen und nach konstruktiven und dauerhaften Lösungen suchen. Einen einzigen Lösungsweg wird es in der weltweiten Flüchtlingsfrage nicht geben", sagt Debrework.
Vor allem das Sterben auf dem Mittelmeer dürfe von einer Wertegemeinschaft wie Europa nicht ignoriert werden: "Zu viele Menschen sterben auf dem Mittelmeer. Dabei hätte Europa die Mittel und Möglichkeiten, diese Katastrophe zu beenden." Selbst wenn Flüchtlinge illegal unterwegs seien, müsse ihnen geholfen werden, wenn sie in Not geraten. "Erste Priorität muss immer sein, Menschenleben zu retten und deshalb befürworte ich die Arbeit von privaten Seenotrettern auch voll und ganz", sagt der Jesuit.
Rechte Parteien schüren Ängste
Mit großer Sorge betrachtet der Leiter des Jesuitenflüchtlingsdienstes auch den Zuwachs für rechte Parteien in Europa: "In Europa gibt es eine zunehmende Angst vor Fremden. Diese vagen Ängste werden von solchen Parteien weiter geschürt, indem sie behaupten, Flüchtlinge würden Arbeitsplätze wegnehmen und terroristische Anschläge verüben. In erster Linie verlassen Menschen aber ihre Heimat, weil eine Krise sie dazu zwingt."
Allein in Ostafrika leben mehr als sechs Millionen Flüchtlinge, die meisten davon in Uganda, Äthiopien und Kenia. Politische und wirtschaftliche Krisen im Südsudan, in Somalia, Eritrea und Burundi veranlassen die Menschen immer wieder, ihre Heimat zu verlassen und in einem ihrer Nachbarländer Schutz zu suchen.
Zwei der größten Flüchtlingslager der Welt sind in Kenia
"Vor allem die Zahl der eritreischen Flüchtlinge ist gestiegen", sagt Debrework. Seit dem Friedensabkommen zwischen Äthiopien und Eritrea (Juli 2018) seien rund 300 000 Eritreer über die offene Grenze nach Äthiopien gekommen. Zuvor lebten etwa 100.000 Eritreer in äthiopischen Aufnahmelagern. Inzwischen ist die Grenze zwischen den beiden Staaten wieder geschlossen. "Die eritreische Regierung fürchtet, dass keiner mehr im Land bleiben will“" sagt Debrework.
Gleichzeitig erinnert der Jesuit an die große Aufnahmebereitschaft seines Heimatkontinents: "Die afrikanischen Länder sind es gewohnt, Flüchtlinge aufzunehmen und sie sind auch bereit dazu. Länder wie Uganda, Äthiopien und Kenia verfolgen eine 'offene-Tür-Politik'", sagt er.
Allein in Kenia befänden sich mit Dadaab und Kakuma zwei der größten Flüchtlingslager der Welt. Insgesamt würden dort knapp eine halbe Million Menschen leben. Angesichts solcher Herausforderungen müsse sich die weltweite Staatengemeinschaft gegenseitig unterstützen und an einem Strang ziehen, so Debrework.
Autorin: Steffi Seyferth