Tansania ist ein Land der Superlative. Hier gibt es die ältesten Spuren der Menschheit (rund 3,6 Millionen Jahre alte Fußspuren), den höchsten Berg Afrikas (Kilimanjaro: 5.893 Meter) und den größten See des Kontinents (Viktoriasee: 68.870 Quadratkilometer).  Es ist zudem das größte Land Ostafrikas und zugleich das friedlichste: Kein Putsch, kein Krieg, keine Diktatur. Leider zählt Tansania aber auch zu den ärmsten Staaten der Welt. Derzeit leben etwa 34 Prozent  der Tansanier unter der Armutsgrenze von einem Dollar am Tag.

Das Wirtschaftswachstum kommt bei der Mehrheit nicht an, denn vom Rohstoffabbau profitiert nur eine kleine Oberschicht. Vor allem extreme Jugendarbeitslosigkeit, die hohe Armut in ländlichen Gebieten und das marode Gesundheitswesen sind Ausdruck der schlechten wirtschaftlichen Lage des Staates. Beim Bildungssystem sieht es kaum besser aus. Nur wer genug Geld hat, kann seinen Kindern eine anständige Schulbildung zu kommen lassen. Die große Mehrheit erhält zwar eine Grundschulausbildung, ein ordentlicher Abschluss ist damit aber nicht garantiert. Dies zeigt schon die Alphabetisierungsrate von nur circa 69 Prozent. Wer weiter kommen will, braucht zwei Dinge: Geld und gute Englisch-Kenntnisse. Zum einen verursachen weiterführende Schulen hohe Kosten, zum anderen wird der Unterricht dort auf Englisch und damit in einer Fremdsprache gehalten. Wer sich also noch zuvor aktiv beteiligt hat, versteht vielleicht plötzlich die Frage nicht mehr und sitzt gelangweilt und überfordert auf der Schulbank.

Oft führt auch eine Erkrankung oder der Tod der Eltern zu einem verfrühten Schulabbruch. Gerade die älteren Geschwister müssen dann irgendwie versuchen, an Geld zu gelangen, um die Familie zu ernähren. Dieses Schicksal trifft auf jedes dritte Kind unter 14 Jahren zu. In ländlichen Gegenden arbeiten sie zum Teil 14 bis 17 Stunden am Tag, sechs Tage in der Woche. Dafür werden sie nur mit der Hälfte eines erwachsenen Lohnes bezahlt.

Trotz dieser Probleme, ist es in Tansania friedlich. Ein Land, das in seiner heutigen Zusammensetzung erst seit 1964 existiert. Das Festland Tanganyika war früher deutsche danach britische Kolonie. 1961 führte Präsident  Julius Nyerere sein Land in die Unabhängigkeit. Die Inselgruppe Sansibar schloss sich drei Jahre später dem Festland an, wodurch die Vereinigte Republik Tansania entstand. Überzeugt von der Idee der Gleichheit und der Gemeinschaft, führte Nyerere ein sozialistisches Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell ein, dass unter dem Schlagwort „Ujamaa“ (Gemeinschaftssinn)  bekannt wurde. Die ca. 120 verschiedenen Ethnien im neu gegründeten Land verband vor allem die gemeinsame Sprache Swahili (auch Suaheli oder Kisuaheli). Durch dieses Bindeglied war eine Verständigung und damit auch ein Gemeinschaftsgefühl möglich, das wohl bis heute einen erheblichen Anteil am Frieden im Land hat.

Während das Swahili blieb, musste 1989 – vier Jahre nach Nyereres Rücktritt - das sozialistische Modell „Ujamaa“ weichen. In den Folgejahren fand eine große Liberalisierung des Landes statt. Die damit verbundenen Vor- als auch Nachteile prägen Tansania bis heute. Früher, so sagt man, waren wenigsten alle gleich arm, wohingegen sich heute eine kleine Elite immer stärker vom Rest absetzt. Zudem fand eine Öffnung hin zum Rest der Welt statt, was sich besonders am Kleidungs- und Musikstil sowie in den Medien bemerkbar macht. Das Angebot im tansanischen TV ist stark vom europäischen und US-amerikanischen Geschmack beeinflusst. Casting-Shows, die z.B. junge Mädchen als künftige Top-Models vorstellen, sowie unzählige Fernsehserien stehen hoch im Kurs. Smartphones und eigene Social-Media-Profile gehören schon längst zu den Statussymbolen der jungen Bevölkerung.

Unser Beispielprojekt in Tansania

Simama: "Steh auf!"

Kindern mit Behinderung eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben geben – das ist das Ziel von Pater Furaha Ntasamaye. Er leitet in der Diözese Mbeya im südlichen Hochland Tansanias das Rehabilitationsprojekt Simama, was auf Swaheli "Steh auf!" bedeutet. In vier kleinen Zentren unterstützen Physiotherapeuten, Sozialarbeiter und eine Psychologin mehrere Hundert Kinder. Die meisten von ihnen kommen aus sehr armen Familien, denen jegliche Mittel fehlen, die Kinder medizinisch versorgen zu lassen.

Das Simama-Projekt ermöglicht den Mädchen und Jungen gezielte Therapien. Gleichzeitig wird ihre Integration in die Gesellschaft durch den Besuch von Schulen und Ausbildungszentren gefördert. "Wir wollen erreichen, dass die Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen nicht mehr aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden", betont Father Furaha. Noch immer herrscht in vielen Regionen Tansanias der Aberglaube, Behinderungen seien eine "Strafe Gottes" oder eine Folge von Hexerei.

Lest dazu die Reportage "Wir gehören dazu!" im missio magazin:

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