Mary John Mananzan wurde von philippinischen Regierungskreisen vor kurzem als "Terroristin" gebrandmarkt – und kämpft dennoch weiter für die Menschenrechte in ihrer Heimat. Sie kann einfach nicht anders: Sobald sie irgendwo Unrecht spürt, muss sich Schwester Mary John Mananzan zu Wort melden – auch mit 82 Jahren, unerschrocken und unermüdlich. Als vor kurzem die regierungskritische philippinische Journalistin Maria Ressa in einem Verleumdungsprozess verurteilt wurde, kritisierte die Missionsbenediktinerin die Entscheidung heftig.

"Wenn die Verhältnisse ungerecht sind, müssen wir etwas tun, auch wenn es Gefahren oder Unannehmlichkeiten für uns mit sich bringt", sagt Schwester Mary John. Die Antwort der Mächtigen kam schnell: Eine Beamtin der Regierung Duterte schrieb über die Ordensschwester, sie sei eine "Terroristin". Auf den Philippinen wird eine solche Diffamierung „Red-Tagging“ genannt: Wer derart öffentlich als politischer Feind der Regierung "gebrandmarkt" wird, ist in Gefahr. Regierungstreue Banden sehen es als Signal, diese Menschen ohne strafrechtliche Konsequenzen töten zu können. Doch die promovierte Theologin zeigt sich unbeeindruckt: "Ich bin nicht wirklich ängstlich deswegen", sagt sie. "Einige Freunde haben mich gedrängt, dagegen vorzugehen. Aber ich sage dann nur: 'Wenn eine Fliege nicht aufhört, dich zu nerven, streitest du dann mit ihr? Und wenn ein Moskito dich sticht, verklagst du es etwa?!'"

Schwester Mary John wird nicht müde, den philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte für seine korrupte und menschenverachtende Politik zu kritisieren. Vehement hat sich die promovierte Theologin auch gegen das umstrittene und jüngst in Kraft getretene sogenannte Anti-Terror-Gesetz ausgesprochen. „Der Begriff 'Terrorist' umfasst jetzt auch legitime Kritiker und Aktivisten", schimpft Schwester Mary John. Sie kündigt an, dagegen auch weiterhin mit Protest-Aktionen und in Video-Konferenzen kämpfen zu wollen: "Du kannst dich fürchten, aber gleichzeitig furchtlos handeln, wenn du weißt, dass du das Richtige tust", davon ist sie überzeugt.

Mary John Mananzan trat im Alter von 19 Jahren in die Ordensgemeinschaft der Missionsbenediktinerinnen von Tutzing ein, studierte und promovierte in Münster und Rom. In Manila gründete sie das Institut für Frauenstudien und ist auf den Philippinen einer breiten Öffentlichkeit durch ihre Publikationen und ihre im Fernsehen ausgestrahlten Talkrunden "Nun-Sense makes Sense“ bekannt. „Das größte Problem auf den Philippinen ist noch immer die Armut", sagt die Ordensschwester. Dabei sei das Land mit seinem Reichtum an Bodenschätzen kein armes Land. Die Ursache der Kluft zwischen Arm und Reich sei vielmehr die ungerechte Verteilung der Güter.

Schwester Mary John wurde für ihren Einsatz bereits mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet und im Jahr 2011 – zum 100. Jubiläum des Internationalen Frauentags – in den Kreis der 100 wichtigsten Persönlichkeiten der Welt aufgenommen. Für die Zukunft ihrer Heimat hat die Ordensfrau derzeit nur einen Wunsch: "Meine Hoffnung für die Philippinen ist, dass Präsident Duterte die nächsten Wahlen verliert, wir unsere Freiheit wiedergewinnen und uns zu einer echten Demokratie entwickeln können."

 

Text: Antje Pöhner

Foto: privat