"Simama" bedeutet auf Swaheli "Steh auf". Unter diesem Namen hat der Priester Furaha Ntsamayame im Jahr 2013 in Mbeya in Tansania ein Rehabilitationsprojekt für Kinder und Jugendliche mit Behinderung gegründet. Damit will er ihnen und ihren Familien ein gleichberechtigtes Leben ermöglichen. Das Simama-Projekt ist Inspiration für das Virtual-Reality-Modul unserer interaktiven Ausstellung, in der Schüler in das Leben des tansanischen Jungen Geoffrey eintauchen, der nach einem Unfall gelähmt bleibt. Vor einem Jahr haben wir Father Furaha in Tansania besucht. Jetzt schildert er uns, wie hart die weltweite Corona-Pandemie die Familien trifft.

 "Nicht so sehr das Virus selbst ist im Moment das Problem der Menschen hier, sondern das, was die Pandemie ausgelöst hat", sagt Furaha Ntsamayame. Die Familien, die der Priester betreut, haben schon vor Corona am Existenzminimum gelebt. "Durch die Einschränkungen ist vielen auch noch die letzte Einkommensquelle weggebrochen. Etliche haben ihr Geld als Straßenhändler verdient. Siemachen jetzt kaumnoch Geschäfte, weil sich die Bevölkerung nicht mehr auf die Straße traut." Wie Father Furaha berichtet, gibt es in der 400.000- Einwohner-Stadt Mbeya zwar keinen Lockdown, doch habe die Verwaltung allen Menschen geraten, unnötigeWege zu vermeiden und am besten Zuhause zu bleiben. "Um die Ausbreitung von Corona zu bekämpfen, ist das natürlich gut. Aber für die Familien, die von der Hand in den Mund leben, ist das gleichzeitig eine Katastrophe."

Offiziell gibt es in Tansania wenige Corona-Fälle, Kranke werden kaum getestet und neue Zahlen nicht veröffentlicht. Father Furaha glaubt, dass die Dunkelziffer der Infizierten sowie die Corona- Sterberate hoch ist und die Zahlen weiter steigen werden. Auch die Bevölkerung ist tief verunsichert. "Wir merken das hier bei uns in den Reha-Zentren. Obwohl wir weiterhin unter strengen Hygiene-Vorkehrungen unsere Therapien anbieten, bleiben viele Mütter und Väter aus Angst vor dem Virus lieber zuhause." Dabei seien gerade für die Kinder mit Behinderung die regelmäßigen Trainings und Behandlungen wichtig. "Wir versuchen, die Familien zu besuchen und sie davon zu überzeugen, weiter zur Therapie zu kommen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Kinder jetzt vernachlässigt werden."

Schulbildung bleibt auf der Strecke Das Projekt Simama 

Das Projekt Simama besteht aus vier kleinen Rehabilitationszentren, in denen verteilt über dieWoche jeweils 100 Patienten behandelt werden. Außerdem arbeitet das Team mit sechs Grundschulen mit Inklusionsklassen zusammen. Father Furaha sieht auch hier eine drohende Vernachlässigung der Kinder und Jugendlichen – nicht nur derer mit einer Behinderung: "Unsere Schulen sind geschlossen. Anders als wir es aus Europa mitbekommen, funktioniert hier bei uns kein Homeschooling. Die Kinder gehen nicht in die Schule und lernen auch nicht zuhause. Dazu fehlt den ärmeren Familien schlicht die technische Ausstattung, niemand kann sich einen Computer oder Laptop leisten."

Aber Father Furaha will nicht nur Negatives berichten. "Abgesehen von Corona haben wir in den vergangenen zwölf Monaten viele Fortschritte gemacht“, erzählt er. Viele der Kinder, die vor einem Jahr eine Therapie begonnen haben, könntenmittlerweile selbstständig essen oder sich waschen. "Außerdem merken wir, dass in Mbeya durch unsere Aufklärungsarbeit Kinder mit Behinderungen weniger diskriminiert und gehänselt werden als früher. Das ist ein großer Erfolg!“ 

Lest, seht und hört mehr über das Simama-Projekt von Father Furaha und unser Virtual-Reality-Modul in unserem Webdossier "Leben mit Behinderung in Afrika - Wir gehören dazu!"

Text: Antje Pöhner / Foto: Friedrich Stark